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Externe Kühlung für DSLM / DSLR

Bei der Deep Sky-Fotografie spielt das thermische Signal eine nicht unbedeutende Rolle. Das thermische Signal ist im Wesentlichen Wärmestrahlung, die vom Kamerasensor als Licht interpretiert wird. Je wärmer die Kamera ist, desto mehr thermisches Signal befindet sich auf der Aufnahme. Es macht sich als Rauschen im Bild bemerkbar. Dieses Signal ist unerwünscht, da es mit dem Motiv, das man fotografiert, nichts zu tun hat und später die Bearbeitung des Bildes erschwert. Man möchte das thermische Signal bei der Aufnahme also so gering wie möglich halten. Leider ist die Temperatur einer Spiegelreflexkamera (DSLR) oder spiegellosen Kamera (DSLM) vollständig von der Umgebungstemperatur abhängig. Eine Erhöhung der Temperatur um 6°C verdoppelt das thermische Signal und eine Verringerung um 6°C halbiert es (Quelle). In warmen Sommernächten kann das problematisch werden. Mit einer DIY-Kühlung kann man das Problem für wenige Euro zwar nicht beseitigen, aber zumindest verringern.

Die DIY-Kühlung sitzt Huckepack auf der Kamera

Weshalb werden Astrokameras gekühlt?

Astrokameras werden gekühlt, um das thermische Signal zu reduzieren. Das James Webb Space Telescope zum Beispiel wird bei nur wenigen Grad über dem absoluten Nullpunkt betrieben. Daher sind die Aufnahmen des JWST praktisch frei von thermischem Signal.

Dedizierte Astrokameras für Deep Sky-Aufnahmen im Amateurbereich sind in aller Regel aktiv gekühlt. Es wird also nicht nur Wärme über einen Kühlkörper und evtl. einen Ventilator abgeleitet, sondern die Temperatur der Kamera bzw. des Sensors wird mittels eines Peltier-Elements gegenüber der Umgebungstemperatur gesenkt. Übliche Betriebstemperaturen sind dann -10°C bis -20°C. Dadurch wird das Problem des thermischen Signals deutlich reduziert. Allerdings sind Astrokameras wesentlich teurer als handelsübliche DSLRs oder DSLMs.

Angenommen wir haben eine Umgebungstemperatur von 10°C und die Kamera würde ungekühlt auf 20°C erwärmt. Die Kamera wird dann auf -10°C gekühlt. Durch die Temperatursenkung um 30°C wird das thermische Signal um ca. 97% reduziert.

Das Problem bei DSLM / DSLR ist, dass sie lediglich über eine passive, nicht besonders gute Kühlung in Gestalt ihres Gehäuses verfügen. Spiegellose Systemkameras wie meine EOS M100 sind noch mal zusätzlich im Nachteil, da sie über das kleine Gehäuse weniger Wärme ableiten können. Es ist aber möglich, auch solche Kameras zu kühlen.

Das thermische Signal bei DSLR / DSLM

Um das Problem zu demonstrieren, schauen wir mal auf eine Reihe von Testaufnahmen mit der EOS M100. Ich habe bei Zimmertemperatur (ca. 20°C) mit ISO 800 je 90 Sekunden belichtet. Die EXIF-Infos der Aufnahmen beinhalten die Kameratemperatur. Zusätzlich kann man das thermische Signal bzw. dessen Zunahme anhand der Dateigröße ablesen. Diese Methode ist etwas genauer, weil die Temperatur von der Kamera nur ohne Nachkommastellen angegeben wird. Nach einer knappen Stunde habe ich die Kühlung mit „Huckepack-Montierung“ angeschaltet.

Wirkung der DIY-Kühlung bei 20°C Umgebungstemperatur (Huckepack-Montierung)

Was sehen wir hier? Beim Einschalten der Kamera meldete der Sensor eine Temperatur von 27 °C. Nach einer Dreiviertelstunde Daueraufnahme nimmt die Temperatur auf 38°C zu und bildet dort ein Plateau. Nach dem Einschalten der externen DIY-Kühlung geht die Temperatur schnell zurück. Sie pendelt sich bei 29°C ein. Der Temperaturunterschied zum Maximum ohne Kühlung beträgt 9°C. Damit wurde das thermische Signal der Aufnahmen um ca. zwei Drittel gesenkt. Diese Verringerung sollte sich schon positiv bei der Bildbearbeitung bemerkbar machen.

Wirkung der DIY-Kühlung bei 20°C Umgebungstemperatur (Klebe-Montierung)

Das zweite Diagramm zeigt den Temperaturverlauf bei aufgeklebter Kühlung. Ich habe mich bei der modifizierten Kamera für die Klebung entschieden. Hier habe ich die Kühlung direkt zu Beginn eingeschaltet. Nach dem Ausschalten stieg die Temperatur um 11°C und wäre vermutlich noch weiter gestiegen. Eine Temperatursenkung also um immerhin 11°C. Der Vergleich der Darks zeigt eindeutig den positiven Effekt der Kühlung auf das Dunkelsignal.

Screenshot
Vergleich des gestreckten Darks mit Kühlung (links) und ohne Kühlung

Selbstbau externe Kühlung

Manche Astrofotografen nehmen den Aufwand und das Risiko der Zerstörung der Kamera in Kauf und bauen sich eine aktive Kühlung, die den Sensor unmittelbar kühlt (Quelle). Dazu wird die Kamera geöffnet und ein Wärmeleiter aus Kupfer in der Kamera verbaut. Ich bewundere diese Basteleien, aber mir ist das viel zu riskant und mir fehlen die Fähigkeiten. Stattdessen kühle ich das Gehäuse der Kamera von außen. Dabei wird ein Kühlelement von außen an das Gehäuse gepresst und per USB-Powerbank mit Strom versorgt. Ich verwende eine VARTA Power Bank Energy 20000. Eventuell kann Kondensbildung in der Kamera zum Problem werden. Aber nur dann, wenn die Kamera unter den Taupunkt gekühlt wird. Das ist mir bislang nicht gelungen, und das ist auch gut so.

Das braucht man

Für die DIY-Kühlung brauchen wir folgendes:
  • einen USB-Minikühlschrank
  • USB-Powerbank
  • einen Widerstand 4,7 Ohm
  • Kabelbinder und Klebeband
  • Lötkolben
  • Kabelbinder
  • Gummiseil (alternativ selbstklebendes Wärmeleitpad oder Wärmeleitkleber)
  • evtl. Stichsäge
Der „Minikühlschrank“ ist eine bequeme Möglichkeit, sich die nötigen Bauteile bereits fertig zusammengebaut zu beschaffen. Bei ebay Kleinanzeigen habe ich so einen Kühlschrank für 5 Euro bekommen. Natürlich könnte man sich die Einzelteile auch separat kaufen. Zuerst bricht man das Gehäuse des Kühlschranks auf, um an die Innereien zu gelangen. Heraus kommt eine Stahlplatte mit aufgeschraubtem Lüfter, dazwischen ist das Kühl-/Heiz-Element geklemmt. Per USB-Kabel wird alles mit Strom versorgt. Dazwischen befindet sich eine nervige LED, die man einfach ablöten kann. Nun muss man im Grunde nur noch zwei Dinge tun:
  • Die Drehzahl des Lüfters drosseln
  • eine Befestigung konstruieren

Lüfter drosseln

Ohne weitere Änderungen dreht der Lüfter ziemlich schnell und verursacht eine leichte Vibration. Ob das in Ordnung ist kann jeder selbst entscheiden, ich wollte aber die Vibrationen minimieren. Ich habe einen Widerstand mit 4,7 Ohm vor den Lüfter gelötet. Der Lüfter dreht weiterhin, aber eine Vibration ist nicht mehr zu spüren.

Befestigung 1: Gummiseil

Bei meiner ersten Konstruktion habe ich mich für eine Befestigung mit Gummiseil entschieden, weil ich die Kühlung nicht an die Kamera kleben wollte. Dafür nehmen wir ein dünnes Gummiseil, schneiden ein Stück mit der passenden Länge ab und schlingen es um Kamera und Kühlung. Und zwar so, dass das Gummiseil von den Kühlrippen gehalten wird. Wenn das ganze auf Zug ist, fixieren wir das Seil mit einem Kabelbinder. So kann die Kühlung in 5 Sekunden angebracht und wieder entfernt werden.

Bei meiner M100 passte die Stahlplatte nicht genau auf die Rückseite der Kamera, weil ein Teil des Gehäuses im Weg war. Ich habe dann aus der Stahlplatte eine Ecke mit der Stichsäge rausgesägt, um es passend zu machen.

Befestigung 2: Selbstklebendes Wärmeleitpad

Eine zweite Möglichkeit ist, die Stahlplatte mit einem selbstklebenden Wärmeleitpad auf die Rückseite der Kamera zu kleben. Dazu nimmt man ein selbstklebendes Wärmeleitpad. Bei meinen Versuchen hatte ich große Schwierigkeiten, das Pad auf das Peltier-Element zu kleben. Da haftet einfach nichts. Also habe ich nur die Stahlplatte und das Kameragehäuse mit dem Pad geklebt. So kann ich die Kühlung auch wieder entfernen. Für das Peltier-Element und den Kühlkörper habe ich einen Flüssigkleber verwendet.

Vorsicht bei Kondensbildung

Abhängig von der Luftfeuchtigkeit wird sich mehr oder weniger schnell Kondensat an der Stahlplatte bilden. Das ist für die Kamera kein Problem, da das Kondensat nach unten bzw. von der Kamera weg abtropft. Im Inneren der Kamera wird sich auch kein Kondensat bilden, da es dort zu warm ist.

Das Kondensat tropft aber während der Session von der Kamera runter. Man sollte also darauf achten, dass sich unterhalb der Kamera nichts Sensibles befindet, z.B. Laptop oder Powerbank.